Es regnet Digitalisierung


„Software is eating the world“. Diesen berühmten Satz schrieb der noch berühmtere Marc Andreessen in einem Essay für das Wallstreet Journal vor einigen Jahren. Eine Kernaussage seines Papers ist, dass Software jedes Produkt und jede Dienstleistung entweder ersetzen wird oder eine neue, entscheidende Rolle einnimmt. In vielen Bereichen sehen wir diese Entwicklung zunehmend. Während Software vor einigen Jahren noch eine Begleiterscheinung von Hardware war, ist es heute umgekehrt. Der Komparse ist zum Hauptdarsteller geworden und spielt seine Rolle sehr gut.
Sitzt man an einem verregneten Herbsttag im Büro und schaut aus dem Fenster fühlt sich das alles nicht sehr digital an. Die wichtigste Eingangsgröße für die Wasserwirtschaft ist sogar ziemlich analog. Die Wetter-App auf dem Handy ist bei ihrer Trefferquote auch nicht gerade ein leuchtendes Beispiel für die Digitalisierung von Niederschlagsdaten. Dabei ist Niederschlag nicht nur für die Wasserwirtschaft von Bedeutung, auch die Land- und Forstwirtschaft lebt von und mit ihm, so wie viele andere Branchen auch.


Als wichtige Eingangsgröße sollte man dem Niederschlag eine höhere Bedeutung einräumen. Die Menschen können Regenfälle (noch) nicht steuern, können aber mit ihnen rechnen. Wer Unbekanntes durch Bekanntes ersetzt ist immer einen Schritt weiter als zuvor. Und dabei kann uns Digitalisierung helfen.
Die Flutkatastrophe in diesem Jahr hat gezeigt, dass Wetterprognosen eben nicht so einfach sind, wie man sie sich manchmal vorstellt. Gerade kleine Gewitterzellen rutschen oft durch das relativ grobe Raster des Radars. Dabei sind es häufig jene kleinen Zellen, die verheerende Schäden anrichten können. Eine Lösung bieten hier Sensoren, deren Aufgabe das Erkennen von Starkregen ist, der vom Radar nur unzureichend erkannt wird. Durch eine softwarebasierte Verarbeitung und Analyse der Messdaten werden auch Ränder einer Zelle lokalisiert und es können, je nach Stärke des Niederschlags, rechtzeitig geeignete Maßnahmen getroffen werden. Während es im Norden einer Metropolregion regnet, kann im Süden die Sonne scheinen. Zwei Wetterstationen im Norden melden Starkregen, zwei im Süden melden keinen Niederschlag. Großräumig ausgelegte Messdaten können zu dem Schluss führen, dass es über der Region nur leicht regnet. Das daraus resultierende Ergebnis ist im besten Fall unwirtschaftlich, im schlimmsten Fall gefährlich. Ein Netzwerk aus Sensoren so wie eine dazugehörige Softwarelösung, ggf. unter Nutzung von KI-Technologien, kann hier Abhilfe schaffen und diese kleinen Wetterzellen frühzeitig erkennen und Verantwortliche warnen.


Viel häufiger als Starkregenereignisse sind allerdings durchschnittliche Niederschläge. Durch digitale Regenschreiber können sie prognostiziert, dokumentiert und eingeordnet werden. Die Funktionen eines digitalen Regenschreibers sind denen seines physischen Pendants sehr ähnlich. Auch ein digitaler Regenschreiber sammelt Niederschlag, allerdings nicht aus herabfallendem Regen, sondern aus statistisch aufbereiteten Wetterdaten. Aus diesen Daten werden außerdem Niederschlagsprognosen für eine bestimmte, voreingestellte Stelle erstellt. Circa 72 Stunden reliable Prognosedaten können gewonnen werden, was den Anwender in die Lage versetzt mit dem Niederschlag zu planen. Einem stärkeren Regenfall in 40 Stunden kann man heute beispielsweise schon mit der Freimachung von Kapazitäten begegnen, einen Kanal muss man jetzt nicht spülen, wenn es in dreißig Minuten genau dort regnen wird. Maschinen und Anlagen sind heute in der Lage sich selbst mithilfe von Wetterdaten auf bald eintretende Ereignisse vorzubereiten. Der dabei entstehende Prozess spart Energie ein, bindet weniger Personal und zielt auf das höchste Ziel Sicherheit ab.


An Starkregenereignisse mit zunehmender Häufigkeit werden wir uns auch in Deutschland gewöhnen müssen. Ziel sollte sein uns fortschrittliche Technik zunutze zu machen, um von Reaktion auf Aktion umzuschalten. Dabei können uns Software und Digitalisierung helfen, wenn wir sie lassen.

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